Eine 85-jährige, psychisch dekompensierte Bewohnerin und hatte an einem Wochenende einen circa zweistündigen Wutausbruch. Sie schrie auf dem Korridor herum, beleidigte das Pflegepersonal und war gegenüber uns MitarbeiterInnen auch körperlich aggressiv. Ihre MitbewohnerInnen fanden diese Situation interessant und kamen auf den Korridor, um das Schauspiel zu beobachten. Eine demente, 87-jährige Bewohnerin stand im Gang, die Hände in die Hüfte gestützt, und war sichtlich verwirrt aufgrund dieser Situation. Sie sagte zu mir «Hat dieses Mädchen denn keine Eltern, die zu ihr schauen und die sie abholen können?!» Ich musste schmunzeln.

Ein 82-jähriger Bewohner kam von einem längeren Reha-Aufenthalt zurück und wurde nun über eine PEG-Sonde ernährt. Er konnte kaum noch sprechen und war bettlägerig. Er war früher eine in hohem Masse selbstbestimmte Persönlichkeit gewesen, hatte eine gute Position in der Finanzbranche inne, liebte gutes Essen und war viel unterwegs. Mir war schnell klar, dass sein Leben für ihn so nicht mehr lebenswert war. Er war Mitglied bei Exit und hatte dort seine Patientenverfügung hinterlegt. Darin stand, dass er nicht künstlich ernährt werden wolle und sein Leid nicht verlängert werden soll, wenn es keine Hoffnung mehr auf Besserung gäbe. Ich erklärte ihm, dass ich für seine schriftlich hinterlegten Wünsche einstehen werde. Am nächsten Tag organisierte ich ein Gespräch am runden Tisch zwischen seinen Angehörigen, einem Palliativarzt und mir. Er wurde nach dem Gespräch von den Teilnehmenden besucht und darüber informiert, dass sich seine Ehefrau und seine beiden Söhne bis am nächsten Tag überlegen werden, ob die künstliche Ernährung gestoppt werden soll. Der Bewohner ist in dieser Nacht, trotz künstlicher Ernährung, verstorben.

Fabienne Werder